school-knowledge-base-quartz/content/Politik/Überblicksepoche Fragen/Der freiheitliche demokratische Rechtsstaat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht erfüllen kann. Setzen Sie sich mit dieser These auseinander.md
2025-04-08 14:18:17 +02:00

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Der moderne freiheitliche demokratische Rechtsstaat hat als Grundlagen die folgenden Prinzipien: Garantie der Menschen- und Grundrechte für die ganze Bevölkerung, Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit, Verhältnismäßigkeit, Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Gerichte. Bei der tatsächlichen Umsetzung in einem Staat treten allerdings zahlreiche Probleme auf: Es entstehen vor allem im Bereich der Grund- bzw. Menschenrechte und Gesetze Widersprüche, die es abzuwägen gilt. Beispielsweise ist ein Menschenrecht, das somit für jede Person gilt, die Meinungsfreiheit. Trotzdem ist es in Deutschland verboten, den Holocaust zu leugnen. Es handelt sich um eine Art der Zensur, die allerdings aus dem Grund eingeführt wurde, dass in diesem Fall der Schutz der Demokratie an höherer Stelle steht als das Recht der Meinungsfreiheit. Oft muss nämlich vor allem zwischen dem Gemeinwohl und dem Wohl des Einzelnen abgewägt werden. Auch wenn Demokratien meistens sehr auf das Individuum ausgerichtet sind, leben sie doch grundlegend von der Gemeinschaft. Einen ähnlichen Fall gibt es mit Gefängnisstrafen: Die Freiheitsrechte der verurteilten Person werden stark eingeschränkt, dies geschieht allerdings zum Wohl der Gemeinschaft. Und um das Freiheitsprinzip nicht zu verletzen, ist in Deutschland die lebenslängliche Gefängnisstrafe auf 15 Jahre beschränkt. Doch auch hier gibt es die Ausnahme des Schutzgewahrsams, bei dem die Gefängnisstrafe verlängert werden kann. Auch dieser basiert auf dem übergeordneten Ziel des Schutzes der Gemeinschaft. Genau das gleiche gilt für die Untersuchungshaft. All dies sind Dinge, auf die sich die Gesellschaft geeinigt hat und die akzeptiert werden, um einen freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat zu ermöglichen. Die Garantie des Rechtsstaates bleibt dabei aber Gesetzlichkeit: Diese garantiert jedem Bürger und jeder Bürgerin, dass alle Gesetze auf jede Person gleich angewendet werden und schafft so Gerechtigkeit. Eine andere Art des Widerspruchs kann bei der Gewaltenteilung entstehen. Die Exekutive, Legislative und Judikative sollen in der Theorie komplett unabhängig voneinander sein. Trotzdem vermischen sich in vielen Demokratien Legislative und Exekutive. Dem liegt das Ziel zugrunde, dass der Staat funktionieren muss, es müssen Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden können, damit Entwicklung stattfindet, was durch zu unterschiedliche Elemente als Teil der Gewaltenteilung nicht möglich wäre. Es zeigt sich, dass der Rechtsstaat Abstriche an vielen Stellen machen muss und dabei eines seiner Prinzipien dem anderen vorziehen muss. Er kann nicht die uneingeschränkte Garantie aller Menschen- und Grundrechte für jeden geben, aber er kann auf ihre Umsetzung hinarbeiten und versuchen, so gerecht wie möglich zu sein. Und selbst dabei helfen ihm seine Prinzipien wie die Gesetzlichkeit und die Unabhängigkeit der Gerichte.